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Frieden stiften zwischen Gefühl und Verstand. – [Auszug aus einem Artikel der „ZEIT“ von 2011]

 

»Ein außergewöhnlicher Patient saß 1982 im Wartezimmer des portugiesischen Neurologen Antonio Damasio. Er hieß Elliot.

Einige Monate zuvor war ihm ein Tumor aus dem Gehirn operiert worden.[…]

Der Tumor war klein, doch die Folgen waren tragisch: aus dem tüchtigen Mann war ein chronischer Zögerer geworden. Er hing stundenlang am Autoradio, weil er sich nicht für einen Sender entscheiden konnte. Er konnte kein Wort schreiben, wenn ein schwarzer und ein blauer Stift zur Wahl standen. Elliot war alltagsuntauglich geworden. Denken konnte er noch bestens, sein Intelligenzquotient war unverändert. Nur sich entscheiden, das konnte er nicht mehr. […]

Damasio ahnte damals, dass ihn der Fall Elliot einer Erklärung näherbringen könnte. […] Elliot war emotional erkaltet. »In den vielen Stunden des Gesprächs mit ihm sah ich nie den Hauch einer Emotion«, erinnerte sich Damasio, »keine Traurigkeit, keine Ungeduld, keine Frustration.« Elliot konnte sich nicht mehr entscheiden, weil alles sich gleich anfühlte. […]

Von der Antike bis ins 20. Jahrhundert war die herrschende Meinung: Menschen entscheiden rational. Gefühle stören dabei nur. Damasios Patienten brachten eine andere Wahrheit ans Licht: ohne Gefühl ist der Verstand hilflos. Damasio schrieb ein Buch mit dem Titel ‚Descartes’ Irrtum‘. Die Stimmung unter den Forschern kippte zugunsten des Gefühls.

Das Gehirn ausschalten und dem Bauch folgen: ist das also die Lösung? Nein, auf den Bauch allein ist ebenfalls kein Verlass. Erstaunlich leicht lassen wir uns von unseren unbewussten Vorurteilen, Ängsten und Assoziationen beeinflussen. „Die Anekdoten über Feuerwehrleute oder Ärzte mit wunderbarer Intuition sind nicht überraschend“, sagt Kahnemann, „sie haben lange Zeit gehabt, um zu Experten zu werden. Interessant ist, dass Menschen oft Intuitionen haben, auf die sie sich genauso fest verlassen, obwohl sie falsch sind.“«

 

Aus guten Gründen also haben Menschen beides, Gefühl und Verstand. Das Geheimnis guten Entscheidens besteht darin, beide mitreden zu lassen.

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